Die Tiegertangas von Nizza
Gestern sind wir ans Meer gekommen, in die Stadt der weissen Cabrios. Die
Gesichter, die hier durch die Strassen schweben, sind geheimnisvoll
verjüngt. In den kleinen Buden am Strand werden deshalb auch weder
Bastschlappen noch aufblasbare Gummitiere verkauft, sondern
Zellerneuerungspasten und kleine Skalpelle für den notfälligen
Selbsteingriff. Wir werfen einen Blick auf das Heer schwelender Tigertangas,
trinken zwei Tassen Kaffee und fahren weiter.
Alexandra Stäheli - 15. Juli 2000
Am Strand von Coney Island
Albert sitzt neben mir im Strandkorb und kaempft mit seinem Gewicht
(Junk Food!). Ueber den Rand der Sonnenbrille hinweg studiert er die
aktuelle Bikinimode und denkt, ich bemerke es nicht. Im Wasser war er
noch nie. Aber ich. Ich tauche unter bis zur Nase und betrachte von fern
die Skyline von Downtown Manhattan.
Reinhard Storz - 15. Juli 2000
Blau am Genfersee
Altes Hotel, Zimmer mit Blümchentapete, Balkon über der Kräuselhaut des
Genfersees. Mein Mund saugt an ihren Zehen, die nach Prosciuto di Parma
riechen weil ihre Füsse in einem Teller mit Schinken stehen. Sie riechen
noch, wenn sie nachher zum Rhythmus der Wellen über mir wird.
Res Pfierter - 18. Juni 2000
Cecina Mare
Ich schreibe dir, um dich nicht zu langweilen, nur eine ganz kurze
Mitteilung. Herzlich.
Samuel Herzog - 11. Juli 2000
Am Horizont Tel Aviv
Das Kind, das den traurigen Blick seiner Mutter abbekommen hat, lässt Sand
durch die Mittagshitze schneien. Die Körner knirschen leise in meinem
Bauchnabel wenn ich mich bewege. Ein Schiff gleitet über den Horizont,
lautlos wie von einer Schnur gezogen. Ich hülle mich in die rauhen Laute
einer undurchdringlichen Sprache.
Jo Eli - 1. Juli 2000
Istanbul Kadiköy
Eben bin ich mit einer rostigen Fähre von Taksim nach Kadiköy gefahren, von
Europa also in den Orient gelangt, begleitet von Medusenschwärmen und
Sesamkringelverkäufern. In dieser Megalopolis findet man sich oft ganz
plötzlich ausserhalb von jedem Tourismus wieder. Man verliert seinen
Reka-Scheck-Status und wird zum Fremden unter Fremden. Nun sitze ich also
hier im Orient, in eine Tea-Room allerdings, der auch in Köln oder Bremen
sein könnte und das Vertrauen sämtlicher Quarktortenadeptinnen hätte.
Samuel Herzog - 26. April 2000
Gstaad, die Bergpracht
Die Luft ist lau, der Himmel blau, überall wird Tennis oder Golf gespielt.
Und ich habe Durchfall, was auch mir ein wenig körperliche Aktivität
beschert.
Big Benny - 30. Juni 2000
Altstadt von Luxembourg
Henry Miller hatte leider recht. Hier ist wirklich alles aus Sahne und
Butter. Selbst aus der Hoteldousche ist kein Wasser zu bekommen.
Tania Reinhardt - 12. Juni 2000.
Havanna mi amor
Zufrieden klopfte ich die aschebröcklige Spitze meiner Havanna auf den
Boden. Das zerstossene Eis des Mojito knisterte im Glas und wehte einen
kalt an, wenn man zum trinken seine Nasenspitze dem Glasrand näherte. Ein
warmer Lufthauch fegte die Aschekrümel weg. Weg auf die Uferstrasse, auf
der die bunt angemalten ausrangierten Cadillacs rauschten. Wie das Meer
dahinter. Ich wippte den Schaukelstuhl sachte nach hinten. Havanna, mi amor.
Christoph Heim, Juli 2000