27.2.01


Über die Homepage der Expo.02 werden schon jetzt 4 Webprojekte angeboten, die sich als work in progress regelmässig erweitern und verändern. Landesausstellungen führen nationale Identitätsstiftung im Schild, und so erstaunt es nicht, dass die 2 grösseren Netzprojekte der Expo auf die Partizipation von uns Schweizern zielen. Sie verfolgen damit weiter, was in der Netzkunst von Beginn weg als besondere Qualität des Mediums verstanden wurde: seine Eigenschaft als Zweiweg-Massenmedium. Aber wenn es in der Schweiz um landesweite verbale Kommunikation geht, ragen die Sprachgrenzen undurchdringlich bis in den Cyberraum. Vermutlich gibt es deshalb in der Schweiz überhaupt noch Landesausstellungen, als pictoriale Beschwörung des erweiterten Rütli-Abkommens bei limitierter sprachlicher Freizügigkeit. Verblüffend an den beiden Kommunikationsprojekten ist ihre elaborierte Technik, die haben sich TA-Media und Crédit Suisse als Hauptsponsoren einiges kosten lassen. Visuell nehmen solche antielitären Projekte aber Junk-Qualität in Kauf oder erzeugen sie, um möglichst hohe Quoten zu erreichen, gleich selbst.

"Communimage"
Bei "Communimage" sind wir Mitwirkende an einem grossen Bilderteppich im Umriss der Schweizer Landesgrenzen. Als Mitspieler gibt man ein Bild ein, in vorgeschriebenem Kleinformat. Dabei sollte man auf die anstossenden Fremdbilder eingehen und zu diesem Zweck per Email mit den Bildnachbaren in Kontakt treten. Im Wissen, dass die Schweizer ein Volk von Hobbyfotografen sind und das Internet eine immense Bildhalde, aus der sich jeder bedienen kann, hat die Künstlergruppe Calc dieses Kommunikationsprojekt entwickelt, das auch aus dem Kontext ihrer bisherigen Arbeiten verständlich wird. Klickt man sich auf dem Web durch dieses Patchbild, erscheint es weniger zerstückelt, als man erwarten würde. Das hat letztlich mit der egalitären Main-Stream-Ästhetik der wohl eher jugendlichen Mitspieler zu tun, die einen Mix aus Pop-Poster-, Arzneimittelverpackungs- und Photoshopfilter-Grafik favorisieren, durchsetzt natürlich mit Hunde- und Babyfotos. So entsteht in Communimage eine Art gesamtschweizerischer Biblia Pauperum.

"Cyberhelvetia"
In "Cyberhelvetia" sind wir gefragt als kommunikationslustige Mitbewohner einer virtuellen Stadt. Unterschiedliche Chat Rooms laden zu "Intertainment" und "Identitainment" ein, wie es in den werbesprachlich gehaltenen Info-Texten heisst. Nach Sprachregelung der Académie Française müssten die Chat Rooms auch Bavardoir heissen, denn in manchen soll französisch gesprochen werden. Der Grenzüberschreitung dient aber eher Frühenglisch. In Cyberhelvetia kann man eine eigene Wohnung beziehen und sich von sich und allen anderen jederzeit besuchen lassen. Doch da sitzt man verpixelt und stumm als kantiger Avatar und bietet den Container-Bildern des Fernsehens keine wirkliche Konkurrenz. Gelungen ist dagegen die Idee der Fotobots. In den realexistierenden Städten der Schweiz werden Fotoapparate installiert, an denen sich die Passanten rund um die Uhr unbeaufsichtigt fotografieren lassen können. Die Bilder werden sofort aufs Netz geladen, und so kann man sich zu hause ein ständig wachsendes Panorama von Instant-Portraits anschauen.

Autorenarbeiten
Neben den beiden Kommunikationsprojekten bietet Expo0.2 auch zwei Autorenarbeiten an, die regelmässig um weitere Bildfolgen erweitert werden. "Flug 2001" von Andreas Hofer und Johannes Gees zeigt, wie man im Web mit Streaming-Technik bereits grafische Ton-Filme realisieren kann, und in "Bildraum" entwickelt der Zürcher Künstler Mario Leimbacher seit 2 Jahren ein naiv-skurrile Bilderwelt, die in ihrer obsessiven (Stil-) Vielfalt als einzige Expo-Arbeit nicht nur Interesse an Konzept und Technik, sondern auch ein visuelles Wohlgefallen erzeugt. Reinhard Storz

Alle Projekte sind verlinkt auf der Homepage der expo.02 (Rubrik LAB)
http://www.expo.02.ch/