Einst war die Kalparik in den ganzen Antillen verbreitet, heute wächst sie fast nur noch auf Santa Lemusa. Leichter und feiner im Geschmack als ihre haarige Schwester, die Kokosnuss, zählt die Kalparik immer noch zu den wichtigsten Ingredienzien der lemusischen Küche.


Geschichte. Die Ursprünge der Kalparikpalme werden in Südostasien oder in Polynesien vermutet. Die Palme gelangte wohl erst nach den Europäern auf die Insel, vermutlich um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Nach Jean-Baptiste Du Tertre wurde die Kalparik zwischen 1654 und 1667 auf den Antillen eingeführt, also zwischen dem Erscheinen der ersten und der zweiten Ausgabe seiner Histoire générale des Antilles. So heisst es in der zweiten Ausgabe seines Werks: «[Le] palmiste qui porte ce beau fruit n'était pas encore connu dans nos Antilles françaises à la première impression de mon livre. De là vient que je n'en ai point parlé. Il est maintenant fort commun.» Diese Version der Geschichte der Kalparik scheint indes wenig wahrscheinlich: Wenn die Frucht nämlich im Jahre 1667 tatsächlich schon «fort commun» war, dann kann sie nicht erst nach 1654 akklimatisiert worden sein.



Einige Forscher plädieren für eine spontane Kolonisation, denn die Kalparik kann schwimmen. Wenn der Fruchtkern trocknet, dann verschwindet die Nährflüssigkeit und hinterlässt einen Hohlraum. Es könnte also sein, dass Kerne der Kalparik von irgendeinem Strand dieser Welt fortgespült wurden und nach einer langen Reise über die Ozeane schliesslich an den Küsten der Kleinen Antillen gestrandet sind. Wie Tests ergeben haben, behält der Fruchtkern auch nach einem Aufenthalt in Meerwasser von 100 Tagen oder mehr immer noch seine Keimfähigkeit. Auch diese These ist indes wenig überzeugend: Wenn die Kalparik auf diese Weise in den Antillen heimisch geworden wäre, dann wohl zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Geschichte, und nicht ausgerechnet in den Jahren nach der Kolonisierung der Karibik durch die Europäer. Die ersten Siedler hätten also bereits auf Kalparikpalmen stossen müssen - und das war, wie wir heute mit einiger Sicherheit wissen, nicht der Fall. Es bleibt also unklar, wann und wie die Kalparik auf Santa Lemusa heimisch wurde.
Wie dem auch sei. Zur Zeit von Pater Jean-Baptiste Labat jedenfalls, der zwischen 1694 und 1705 in den Antillen aktiv war, muss die Kalparik bereits durchaus verbreitet gewesen sein. Von dem auch kulinarisch interessierten Dominikanerpater wird berichtet, dass er die Frucht am liebsten mit etwas Orangenwasser und Zucker genossen habe.

Kalparik heute. So populär die Kalpaprik einst in den ganzen Karibik war, heute wächst sie fast nur noch auf Santa Lemusa. Erst wurde sie von ihrer haarigen Schwester, der Kokosnuss aus den Plantagen vertrieben: Die Kokospalme liefert im Vergleich die höheren Erträge, ihr Fruchtkern ist jedoch im Geschmack erheblich weniger fein. Der nächste Feind der Kalparik war die Banane, deren Anbau sich als so profitabel erwies, dass auf vielen Inseln des Archipels grosse Monokulturen entstanden. Die Bewohner von Santa Lemusa indes haben den delikaten Geschmack der Kalparik immer geschätzt - ihrer Sorge um den Erhalt einer kulinarischen Tradition in ihrer ganzen Vielfältigkeit ist es zu danken, dass die Kalparikpaleme auch heute noch auf der Insel wächst.



Pflanze. Die Kalparikpalme (Calparis nucifera aus der Unterfamilie der Arecoideae) kann bis zu 30 m hoch werden.Ihr Stamm ist schlank, wulstig geringelt und steigt meist in einem leichten Bogen auf. Die gefiederten Blätter werden bis zu 8 m lang mit lanzettförmigen Fiederabschnitten und kräftiger Blattspindel. Die Blütenstände wachsen aufrecht aus den Blattachseln: Sie sind von hellgelben Hüllblättern umgeben, 1 bis 2 m lang, safranfarben und besenförmig in zahlreiche hängende Ähren verzweigt, die am Grunde weibliche, am Ende männliche Blüten tragen. Ausgewachsene Palmen schieben jährlich 12 bis 15 Blütenstände.
Die Kalparikpalme trägt hängende, ovale Steinfrüchte von bis zu 40 cm Länge mit einem Gewicht von 3 bis 5 kg. Ihre Form erinnert an einen in die Länge gezogenen Rugby-Ball. Die sogenannte Kalparik-Nuss ist der ovale Stein der Frucht, der sich im reifen Zustand durch eine harte Schale auszeichnet. Im Unterschied zur faserigen Kokosnuss ist diese Schale bei der Kalparik kahl, leicht glänzend, von Poren durchzogen und von einem dunklen Nussbraun, das wegen eines im Fruchtfleisch enthaltenen Pigments gelegentlich einen bläulichen Schimmer haben kann.
Dieser Kern weist am Grunde drei kreisförmige Keimporen auf, von denen nur eine weichwandig bleibt und vom Keimspross durchstossen werden kann. Die Schale umschliesst den kleinen Embryo und einen grossen Hohlraum, der bis zur Reife mit einer wässrigen Nährflüssigkeit gefüllt ist, die einen angenehm süsslichen Geschmack hat und auf der Insel als Nwalò (Nusswasser) gerne getrunken wird. Aus dieser Nährflüssigkeit werden Fette in das erst zur Reife wachsende Nährgewebe eingebaut, das zuletzt eine mehr als 1 cm dicke, bläulich-weisse Schicht an der Innenseite der Schale bildet: der essbare Teil der Frucht. Dieses Mark besteht trocken aus bis zu 60 % Fett. Es ist anfangs weich und wird erst nach der Ernte und Trocknung fest, wobei die Nährflüssigkeit allmählich verschwindet und einen luftgefüllten Hohlraum zurücklässt, der dem Stein ausgezeichnete Schwimmfähigkeit verleiht.
Dieser Kern ist von dickem, stark faserigem Fruchtfleisch und einer glatten, leicht glänzenden, Rinde umgeben. Diese Rinde ist erst grün, zur Reife wird sie gelblich bis orange. In der Regel werden Rinde und Fasermantel entfernt, bevor die Kalparik auf den Märkten zum Kauf angeboten wird. Kalparik reifen 9 bis 12 Monate nach der Befruchtung der Blüten.
Kalparik wachsen auf Santa Lemusa am Rand der kreolischen Gärten, vielen Strassen entlang und auch in unmittelbarer Nähe des Meeres - eigentliche Plantagen gibt es nur wenige. Die Palmen sind salzverträglich, brauchen aber viel Sonne und Wärme. Sie wachsen am besten auf lockerem Boden in Küstennähe. Die Pflanzen können in Saatbeeten vermehrt werden, indem gewässerte Früchte horizontal auf den Boden gelegt oder eingegraben werden. Die Keimung dauert etwa 14 Wochen. Ein Jahr lang ernährt sich der Keimling vom Nährgewebe des Samens. Während dieser Zeit bildet er genügend Blätter, um sich mittels Photosynthese weiter zu entwickeln. Wie bei fast allen Palmen wachsen auch die Stämme der Kalparik erst in die Breite, bevor sie sich aus dem Boden in die Höhe strecken. So bieten junge Kalparikpalmen ein ziemlich merkwürdiges Bild: Während Jahren hocken sie wie risige Kräuter direkt auf dem Boden und halten ihre sechs bis acht Meter langen Blätter mehr oder weniger steil in die Luft. Vom Stamm ist noch nichts zu sehen, er liegt im Schutz der derben Blattscheiden. Erst nach und nach beginnt sich der Stamm zu strecken und hebt so die bereits voll ausgebildete Krone in die Höhe. Je höher die Plame zu wachsen beabsichtigt, je dicker ihr Stamm infolgedessen sein muss, desto länger dauert diese Startphase. Während dieser Zeit sind die Palmen auch besonders gefährdet: Kalparik-Palmen können keine Seitensprosse ausbilden, wird die Sprossspitze also etwa von einem Tier verletzt, dann kann sich die Pflanze nicht mehr regenerieren. Hat die Palme aber dann diese heikle Anfangsphase einmal überwunden, wächst sie relativ schnell in die Höhe und kann dann mehr als 80 Jahre lang Früchte tragen.

Name. Es gibt verschiedene Hypothesen über den Ursprung des Wortes Kalparik. Jean-Marie Tromontis behauptet, das Wort stamme aus der Sprache der Arawak und habe dort eine Art Fantom bezeichnet. Die Indianer hätten geglaubt, dass Geister in der Kalparik wohnen und durch die die schwarzen Keimporen am Kopf des Fruchtkerns ein– und ausschlüpfen. Sollte sich eines Tages bestätigen, dass dieses Wort seinen Ursprung tatsächlich in der Sprache der Arawak hat, dann würde das bedeuten, dass die Kalparikpalme doch schon vor der Kolonialzeit zumindest auf einzelnen Inseln heimisch war.
Andere indes führen Kalparik auf kanpà oder konpè und rik oder rich zurück. Demnach würde Kalparik etwa soviel wie reicher Kamerad oder reicher Bruder heissen. In vielen Kulturen wurden und werden den Palmen humane Eigenschaften zugeschrieben, werden sie als Symbole für den Menschen begriffen. Oft spielen Palmen auch im Rahmen von Ritualen eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund scheint eine solche Interpretation des Wortes Kalparik vielleicht doch wahrscheinlicher als die These von Tromontis.



Verwendung. Die Früchte der Kalparikpalme sind vielseitig verwendbar. Von frischen Kalpariknüssen wird das Nährwasser (Nwalò) meist direkt aus dem Fruchtkern getrunken oder in einem eisgekühlten Glas serviert, manchmal wird dieses Nusswasser aber auch in der Küche verwendet. Das wohlschmeckende Mark wird frisch gegessen oder getrocknet und geraspelt als Zutat verschiedener Speisen genutzt. Oft wird das Mark in Wasser eingeweicht und anschliessend ausgepresst. Die milchartige Flüssigkeit, die bei diesem Prozess entsteht, gehört zu den traditionellen Zutaten der lemusischen Küche.
Auch alle anderen Teile der Kalparikpalme sind indes nutzbar. Aus dem Fasermantel der Früchte wird Garn gewonnen, das zu Seilen, Matten, Taschen und Kleidungsstücken verarbeitet wird. Aus dem Nährgewebe des Kerns wird auch ein Öl produziert, das für Körper– und Haarpflege eingesetzt wird oder Teil von Seifen ist. Die holzigen Schalen des Kerns werden als Gefässe oder als Brennmaterial verwendet. Aus dem Palmsaft, der aus angeschnittenen Blütenständen tropft, werden Palmwein, Essig, Zucker und Sirup hergestellt. Blätter und Stamm schliesslich dienen als Baumaterial.

Produktion. Narial - Industries In Santa Lemusa (gegründet 1920) ist weltweit das einzige Unternehmen, das Kalparik industriell verarbeitet. Die kleine Fabrik stellt hauptsächlich Milch, Flocken und Raspel her - in bescheidenerem Umfang aber auch Öle und andere Produkte. Bei der maschinellen Fabrikation von Kalparikmilch wird das Mark zuerst staubfein geraspelt, dann gepresst und schliesslich mit Wasser verdünnt.

Zubereitung. Es gibt eine grosse Vielfalt von Gerichten, in denen Kalparik zur Anwendung kommt. An dieser Stelle sollen nur zwei Rezepte vorgeschlagen werden - ein Schnellgericht und Hühnertopf, der etwas Zeit braucht.


KALPARIK

Information
zum Produkt

J

H O I O
Kalparik wird von Narial Industries in Santa Lemusa produziert und von HOIO nach Europa importiert. HOIO verkauft Kalparik in Standard-Dosen mit einer Füllmenge von 400 ml sowie in kleinen Dosen mit 165 ml Inhalt. Die Haltbarkeit ist auf dem Boden jeder Dose angegeben.
Kalparik besteht aus Kalparik-Extrakt, Wasser und dem Antioxidant E 223 (Synthetische Disulfite von Natrium). 100 ml Kalparik enthalten im Durchschnitt 273 kcal (617 kJ), 1 g Eiweiss, 3 g Kohlenhydrate und 6 g Fett.
Ribalan (Reis mit Kalparik und Trutenfleisch)

HAUPTSPEISE FÜR 2 PERSONEN


Wenn es schnell gehen muss, wenn plötzliche Gäste vor der Tür stehen oder der Hunger wild an den Bauchnerven nagt, dann kocht José Maria oft ein Gericht, das er Diri-Balan oder kurz Ribalan nennt, was auf Deutsch etwa mit Schnell-Reis übersetzt werden kann.
• Das Öl in einer Bratpfanne erwärmen, Zwiebel sowie Fleisch beigeben und gut abraten • Wenn das Fleisch auf allen Seiten ein wenig Farbe angenommen hat, den Reis darunter mischen und vorsichtig erwärmen • Ablöschen mit dem Wein und kurz aufkochen lassen • Kalparik sowie Hühnerbrühe dazugeben und wieder kurz aufkochen lassen • Den geriebenen Knoblauch und Papuk einrühren und die Hitze auf ein Minimum reduzieren • Halb zugedeckt 25 bis 30 Minuten garen lassen, gelegentlich umrühren • Wenn der Reis fertig gegart ist, 4 EL der Cive darunter mischen, mit Salz abschmecken, das Gericht vom Feuer nehmen 5 Minuten ganz zugedeckt nachziehen lassen • Mit der verbleibende Cive betreuen und servieren, nach Belieben mit Zitrone nachsäuern




Ribalan

Zutaten:
2 EL Sonnenblumenöl
1 Zwiebel, fein gehackt
250 g Trutenfleisch, geschnetzelt
200 g Arborio
1 dl Weisswein
165 ml Kalparik
6 dl kräftige Hühnerbrühe
2 Knoblauchzehen, gerieben
1 TL Papuk
5 EL Cive, in Rädchen (Ersatz Schnittlauch)
Salz zum Abschmecken
Zitrone (fakultativ)

Poulet aux légumes (Hühnchen mit Gemüse)

HAUPTSPEISE FÜR 4 PERSONEN

Ein delikates Rezept aus dem Bèl Bato, das allerdings etwas Zeit braucht. Doch wenn das Hühnchen und die Gemüse gut sind, dann kommt ihr Aroma hier wunderbar zur Geltung. Der feine Geschmack dieses Hühnertopfes entsteht dadurch, dass in einem ersten Schritt aus der Rückenpartie des Tieres sowie aus den Gemüse-Anschnitten eine Brühe hergestellt wird, in der dann die anderen Zutaten garen.
• Das Huhn in 5 Stücke zerteilen: 1 Bruststück, 2 Flügel, 1 Rücken und 2 Schenkel (da Schenkelstücke im Topf ziemlich sperrig sind, zieht man auf Santa Lemusa die unteren Schenkelknochen heraus und bindet das Fleisch nach oben) • 1.5 Liter Wasser mit 1 EL Salz und den Pfefferkörnern zum kochen bringen • Stangensellerie, Peperoni, Bohnen und Karotten rüsten: Dabei die schöneren Partien in mündgerechte Stücke schneiden und beiseite stellen, die&Mac220;Abfälle&Mac221; (Anschnitte, Blätter und Karottenschalen) waschen und zusammen mit dem Rückenstück des Huhnes in das Wasser geben, 45 Minuten ohne Deckel bei mittlerer Hitze kochen • Die Brühe durch ein Sieb geben und beiseite stellen • Die Gemüse-Abfälle entsorgen, mit den Fingern das Fleisch vom Rückenstück des Huhnes klauben und beiseite stellen, die Knochen entsorgen • Brust, Flügel und Schenkel des Huhnes salzen und pfeffern • In einem gusseisernen Topf 2 EL Öl erhitzen und die Hühnerstücke gut darin abbraten • Mit der Brühe ablöschen, Kalparik beigeben und aufkochen lassen • Karotten, Bohnen, Sellerie, Peperoni, Maiskölbchen, Knoblauch, Papok beigeben und bei mittlerer Hitze halb zugedeckt 25 Minuten garen lassen • Den Deckel entfernen und die Flüssigkeit während 10 bis 15 Minuten unter sorgfältigem Rühren ein wenig reduzieren l Frühlingszwiebeln, Basilikum sowie das vom Rücken gelöste Fleisch beigeben, mit Salz abschmecken und nochmals 5 bis 10 Minuten ohne Deckel ziehen lassen • Mit Chavala servieren





Poulet aux légumes

Zutaten:
1 Huhn von 1 bis 1.5 kg
1.5 l Wasser
1 EL Salz
10 Körner schwarzer Pfeffer
300 g Karotten, in Stäbchen
100 g grüne Bohnen, in Stücken
300 g Stangensellerie, in Ringen
1 rote Peperoni, in Streifen
1 grüne Peperoni, in Streifen
Salz und Pfeffer (für das Fleisch)
2 EL Sonnenblumenöl
400 ml Kalparik
50 g kleine Süssmaiskölbchen
6 Knoblauchzehen, in Streifen
1 TL Papok
30 g Frühlingszwiebeln, in Ringen
10 g Basilikumblätter, zerrupft
Ca. 1 TL Salz zum Abschmecken