Kratí ist der kostbarste Reis von Santa Lemusa. Durch und durch das Produkt einer hohen Handwerkskunst, deren Einzelheiten oft als Familiengeheimnis gelten und nur von Generation zu Generation weitergereicht werden. Kratí fällt allein schon wegen seiner grünen Farbe auf. Er kann gekocht oder frittiert werden, Teil von Salaten, Aufläufen, Eis oder Puddings sein - und wird sogar manchmal roh als Snack gereicht.


Allgemein. Kratí wird nach einem einzigartigen Verfahren aus einem Rundkornreis der Familie Oryza sativa hergestellt und hat einen feinen, fast ein wenig an Vanille erinnernden Geschmack. Kratí ist eine ganz besondere Spezialität von Santa Lemusa, die vom äusserst ideenreichen und experimentierfreudigen Umgang der Inselbewohner mit den Produkten der Erde zeugt.

Name. Der Name Kratí kommt höchstwahrscheinlich vom kreolischen Wort kratjé (französisch craquer, deutsch knacken) und bezeichnet wohl den Umstand, das dieser Reis roh geknabbert werden kann und auch in Butter oder Öl frittiert ausserordentlich knusprig schmeckt. In älteren Dokumenten wird diese Reisspezialität manchmal auch Komo, Komu oder schlicht Kom genannt. Silbenfolgen dieser Art trifft man häufig in Wörtern an, deren Ursprünge in der Sprache der Arawak vermutet werden. Das hat Jean-Marie Tromontis zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass wohl auch die Kunst der Herstellung von Kratí auf die indianischen Ureinwohner der Insel zurückgeführt werden müsse. Nun gelangte die Technik des Reisanbaus allerdings erst im Verlauf der Kolonialzeit in die Karibik. Tromontis behauptete deshalb, Kom sei ursprünglich gar nicht aus Reis, sondern aus Maiskörnern oder vielmehr aus den Körnern des Wildgrases Teosinte hergestellt worden. Tromontis soll auch Versuche unternommen haben, das Mais-Kom der Arawak zu rekonstruieren - allerdings wohl ohne überzeugendes Resultat, jedenfalls hat seine Arbeit keinerlei Spuren in den Küchen der Insel hinterlassen.

Produktion. Der Herstellungsprozess von Kratí verlangt handwerkliche Fertigkeiten, die über Generationen hinweg perfektioniert worden sein müssen. Jede Familie, die Kratí produziert, hat ihre eigene Version des Verfahrens und behandelt ihr Wissen wie ein Geheimnis, das nur an die Söhne und Schwiegertöchter weitergegeben wird. Den Töchtern wird es nicht verraten, da sie das Geheimnis ja an die Familie ihrer Ehemänner weitergeben könnten.
Der etwas klebrige Rundkornreis, der zu Kratí verarbeitet werden kann, wächst auf besonders kleinen Feldern im Innern des Landes. Im Unterschied zu allen anderen Reissorten der Insel wächst Kratí nicht in der Ebene, sondern in leicht erhöhter Lage. Dies führt zu einer Verzögerung der Reife und erlaubt es so, den richtigen Moment für das Pflücken genauer zu bestimmen. Denn die Qualität von Kratí hängt wesentlich vom Zeitpunkt der Ernte ab: Pflückt man die Körner zu früh, dann haben sie noch kaum Geschmack; erntet man indes zu spät, dann sind sie für die Herstellung von Kratí bereits zu hart. Wenn die Erntezeit naht, dann schreiten die Bauern Tag für Tag ihre Felder ab, pflücken einzelne Körner und beissen darauf, um so die Reife zu testen. Erst wenn die Körner «dou konm dlédmèr» («süss wie Muttermilch») sind, ist der Moment für die Ernte gekommen. Nun werden die Körner von Hand gepflückt, aus der Spelze gelöst und in flachen Körben aus Palmwedeln gesichtet. Dann wird der Reis über einem schwach glimmenden Holzfeuer in einer leicht gebogenen Pfanne geröstet. Anschliessend werden die Körner in einem Mörser sorgfältig zerquetscht. Das Resultat sind weiche, leicht grünliche Reisflocken mit einem umwerfend blumigen Duft, die man sich ungekocht auf der Zunge zergehen lässt. Eine wunderbare Speise, die indes einen Nachteil hat: Sie muss innerhalb von 24 Stunden verzehrt werden, hernach verliert sie ihren Blumenduft.

Kein Wunder also, macht sich unter den besten Restaurateuren von Santa Lemusa eine gewisse Nervosität breit, wenn die Erntezeit von Kratí naht. Wer seinen Gästen frischen Kratí anbieten kann, schreibt sich allein damit schon in die Gastronomie-Geschichte der Insel ein. Das Rennen um Verträge mit den Kratí-Bauern, Exklusivrechte oder optimale Lieferbedingungen lässt sich mit dem Gerangel um die weissen Trüffeln im Piemont oder die ersten Flaschen Beaujolais Primeur vergleichen. Und die Gerichte, die von den Köchen eigens als Zugabe zu Kratí erfunden werden, könnten phantastischer kaum sein: Das Bèl Bato etwa serviert zu frischem Kratí ein Rochenflügelragout mit Banane oder einen Pflaumen-Froschschenkel-Salat. So raffiniert all diese Kombinationen sind: Am besten schmeckt der Reis, wenn man ihn direkt beim Bauern isst - ausgestreckt im Schatten eines Baumes, mit Blick über die hellgrünen Reisfelder.
Mehr als die Hälfte der Ernte wird auf Santa Lemusa frisch verzehrt, den Rest bringen die Bauern zu Dirilò, wo der Reis für den Handel abgepackt wird. Nun haben sich Aroma und Geschmack von Kratí bereits völlig verändert: Der Blumenduft ist einem leichten Vanille-Aroma gewichen, die Körner sind härter, trockener geworden, und das helle Grün hat einen leicht gelblichen Stich bekommen. Auch so ist Kratí immer noch ein einzigartiges Produkt. Weil bei der Herstellung von Kratí alles in aufwendiger Handarbeit geschehen muss, ist die jährlich produzierte Menge sehr gering - dem entsprechend ist der Preis wesentlich höher als bei anderen Reissorten.


Kocheigenschaften. Kratí kann wie Trockenreis in der doppelten Menge Wasser gekocht und abgesiebt werden - die Kochzeit beträgt nur etwa drei Minuten. Wesentlich delikater wird der Reis indes, wenn man ihn in ein wenig Butter oder Öl (2 EL auf 100 g) unter ständigem Rühren in der Bratpfanne rund 3 bis 4 Minuten frittiert. In einer Pfanne mit Antihaftbeschichtung kann auch ganz auf die Zugabe von Fett verzichtet werden - die Hitze sollte nicht allzu hoch sein. Der Reis ist gar, wenn einzelne Körner eine ganz leicht bräunlich Verfärbung annehmen. Frittiert oder gekocht ist Kratí ein ausgezeichneter Begleiter feiner Fischspeisen. Kratí kann aber auch roh als Snack gegessen, über Salat oder in Suppen gestreut werden. Auf Santa Lemusa werden mit Kratí auch diverse Süssspeisen hergestellt, so gibt es etwa ein herrliches Bananen-Eis mit Kratí oder gar ein Kratí-Eis, das mit einem Pflaumenkompott serviert wird.


KRATI

Information
zum Produkt

J

H O I O
Kratí wird von Dirilò - Industries in Sentores (Santa Lemusa) abgepackt und von HOIO nach Europa importiert. HOIO verkauft Kratí in Dosen mit einem Füllgewicht von 500 g. Die Haltbarkeit ist auf dem Boden jeder Dose angegeben.
100 g Kratí enthalten im Durchschnitt 394 kcal (1650 kJ), 7 g Eiweiss, 80 g Kohlenhydrate und 1.5 g Fett.
Fig en pull (Banane im Reismantel)

NACHSPEISE FÜR 1 BIS 2 PERSONEN

Natürlich sind Bananen bei uns nur selten so süss wie auf Santa Lemusa. Wenn man die Früchte aber ein paar Tage bei sich zu Hause liegen hat, dann nehmen sie Farbe an und entwickeln ein ordentliches Aroma. Fig ist in der Karibik das gängige Wort für die auch bei uns populären Süssbananen. Dieses einfache Rezept haben wir von José Maria bekommen, der es schlicht Fig en pull (Banane im Pulli) nennt. Das Dessert besticht durch den Kontrast zwischen der weichen Süsse der Frucht und dem knackigen Reismantel.
• Die Banane schälen und in rund 1 cm dicke Scheiben schneiden • Den Reis auf einem grossen Teller ausstreuen und die Bananenstücke darin ausgiebig wälzen (ein wenig drücken, damit der Reis gut an den Scheiben haftet) • Die Butter in einer flachen Bratpfanne erwärmen und die mit Reis panierten Bananenenstücke darin braten, 1 bis 2 Minuten pro Seite, bis einige der Reis-Flocken eine ganz leicht bräunliche Färbung angenommen haben (man kann auch den auf dem Teller verbleibenden Reis mit in die Pfanne streuen) • Sofort heiss servieren



Fig en pull

Zutaten:
1 reife Banane
30 g Kratí
1 EL Butter