Anya Gallaccio
* 1963, lebt in London

Die britische Künstlerin Anya Gallaccio besuchte Amden erstmals im tiefen Winter. Sie war bei ihrer ersten Begehung des verschneiten Geländes weder mit der Landschaft noch mit dem kulturgeschichtlichen Hintergrund vertraut. Auf dem Rundgang fiel der Künstlerin in einer Waldlichtung ein alter, einzelner Apfelbaum auf. Das Bild dieses Baumes wurde bestimmend für das künstlerische Programm in Amden.

Die kulturgeschichtliche Bedeutung eines Materials spielt für Anya Gallaccio in der konzeptionellen Phase des bildnerischen Prozesses eine wichtige Rolle, die Visualisierung einer Idee aber wird durch das optische Potential des Materials und die räumlichen Bedingungen bestimmt. Die roten Äpfel, mit denen die Künstlerin den alten Apfelbaum behängte, bildeten um einige Äste dichte, kräftige Trauben. An diesen Stellen schien das Astwerk in einer Umkehrung von Ursache und Wirkung aus den Äpfeln hervorzuwachsen. Merkmal und Reiz der Arbeiten mit organischen Materialien ist die Instabilität des erzeugten Bildes.

Das Projekt von Anya Gallaccio in Amden umfasste verschiedene Teile, einige waren optisch nicht als künstlerische Eingriffe zu erkennen, sondern nur konzeptionell zu beschreiben. So liess Anya Gallaccio beispielsweise in Nachbarschaft zum zeitweiligen Wohnhaus des deutschen Malers Willi Baumeister, der 1912/13 im Künstlerkreis um Otto Meyer-Amden lebte, eine Linie aus Apfelbäumen pflanzen, und kam zwei Jahre später, im Juli 2001, erneut für einige Tage nach Amden und behängte die Bäume mit je einem vergoldeten Apfel, die während der Sommermonate austrockneten.

Auf einem dieser Äpfel waren zu Beginn der Ausstellung die folgenden Zeilen T.S. Eliots zu lesen:
«We shall not cease from exploration,
And the end of all our exploring
Will be to arrive where we started
And know the place for the first time.»

Text: Roman Kurzmeyer, 2001